Eine Revolution, die erst am Anfang steht
Redaktion und Übersetzung aus dem Englischen:
Dr. med. Judith Moser
Autorin:
Dr. med. Ilaria Colombo
Ospedale Regionale di Bellinzona e ValliIstituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI) Ospedale San Giovanni EOC, Bellinzona
E-Mail: ilaria.colombo@eoc.ch
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Durch die Immuntherapie konnten im Management des fortgeschrittenen Endometriumkarzinoms neue Massstäbe gesetzt werden. Zudem haben Antikörper-Wirkstoff-Konjugate im vorbehandelten Setting vielversprechende Aktivität gezeigt, was künftig weitere Paradigmenwechsel erwarten lässt.
In den letzten beiden Jahren konnte die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen, rezidivierten oder metastasierten Endometriumkarzinoms (EC) revolutioniert werden. Zuvor bestand die Behandlung aus Chemotherapie und führte zu enttäuschenden Ergebnissen, da die meisten Patient:innen innerhalb des ersten Jahres rezidivierten.1
Die Zugabe von Immuncheckpoint-Inhibitoren zu Carboplatin und Paclitaxel ermöglichte Outcome-Verbesserungen in den Studien RUBY (Dostarlimab), NRG-GY018 (Pembrolizumab), AtTEnd (Atezolizumab) und DUO-E (Durvalumab plus Olaparib).2–5 Deren Ergebnisse müssen in Abhängigkeit vom Mikrosatellitenstabilitäts(MSS)-Status betrachtet werden. Bei Mismatch-Reparatur-Defizienz (dMMR)/hoher Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) führte die Chemoimmuntherapie im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie in allen vier Studien zu bemerkenswerten und signifikanten Verbesserungen des progressionsfreien Überlebens (PFS) mit Hazard-Ratios (HR) von rund 0,30.2–5 Auffällig war der anhaltende Effekt, der sich in einer Plateaubildung der PFS-Kurven nach einem Jahr zeigte. Dagegen wies die Gruppe mit Mismatch-Reparatur-Profizienz (pMMR)/MSS einen deutlich geringeren PFS-Vorteil auf, wenngleich einige Patient:innen von der Zugabe von Dostarlimab (RUBY) bzw. Pembrolizumab (NRG-GY018) profitierten. Allerdings besteht nach wie vor keine Möglichkeit, diese Kohorten prospektiv zu identifizieren.
In der RUBY-Studie sank die Mortalitätsrate in der Gruppe mit dMMR/MSI-H unter Dostarlimab plus Chemotherapie signifikant ab (HR: 0,32; p=0,0002), während in der pMMR-Kohorte nur ein Trend zu verzeichnen war (HR: 0,79).6 Bei der Beurteilung dieser Daten muss jedoch das substanzielle Cross-over Berücksichtigung finden.
Adjuvantes Pembrolizumab: KEYNOTE-B21
Im adjuvanten Setting empfehlen die Leitlinien bei Hochrisiko-EC eine Chemotherapie mit oder ohne Strahlentherapie.7 Laut einer retrospektiven Analyse der PORTEC-3-Studie verlängerte die Chemoradiotherapie das rezidivfreie Überleben gegenüber der alleinigen Radiotherapie bei p53-mutierter Erkrankung, die mit einer schlechten Prognose einhergeht.8 Dagegen war in der POLE-mutierten Population aufgrund der günstigen Prognose dieser Gruppe die alleinige Strahlentherapie ausreichend.8 Keinen eindeutigen Vorteil erbrachte das kombinierte Vorgehen bei Patient:innen mit intermediärer Prognose (dMMR, unspezifisches molekulares Profil).
Die randomisierte Phase-III-Studie KEYNOTE-B21 wurde daher durchgeführt, um adjuvantes Pembrolizumab beim Hochrisiko-EC zu evaluieren.9 Pembrolizumab gelangte für bis zu sechs Zyklen zusätzlich zu Carboplatin und Paclitaxel zur Anwendung; dies gefolgt von weiteren sechs Pembrolizumab-Zyklen mit oder ohne Radiotherapie und Cisplatin gemäss der Entscheidung der Prüfärzt:innen. Der Kontrollarm erhielt Placebo anstelle von Pembrolizumab. Leider war die KEYNOTE-B21-Studie in Bezug auf das als primärer Endpunkt definierte krankheitsfreie Überleben (DFS) negativ (HR: 1,02; p=0,570). Innerhalb der vorab spezifizierten Subgruppen profitierte einzig die dMMR-Population von der Zugabe von Pembrolizumab. Hier wurde ein klinisch relevanter DFS-Vorteil von fast 70% mit 24-Monats-Raten von 92% vs. 80% beobachtet (HR: 0,31).
Antikörper-Wirkstoff-Konjugate amHorizont
Abb. 1: Ansprechen auf T-DXd beim HER2-exprimierenden EC (modifiziert nach Oaknin A et al.)11
Weltweit hat in den letzten Jahren die Zahl neuer Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (ADC) massiv zugenommen. Zu den Angriffspunkten, die bei EC von besonderem Interesse sind, zählen HER2, TROP2 und Folatrezeptor alpha (FRα). Bei vorbehandelten Patient:innen mit HER2-exprimierendem EC bewirkte Trastuzumab-Deruxtecan in der DESTINY-PanTumor02-Studie Gesamtansprechraten (ORR) von bis zu 84,6% (Abb. 1) und günstige PFS-Ergebnisse in Abhängigkeit vom Ausmass der HER2-Expression.10
Im Bereich der TROP2-gerichteten ADC legte Datopotamab-Deruxtecan (Dato-DXd) in der EC-Kohorte der Phase-II-Basketstudie TROPION-PanTumor03 vielversprechende Aktivität an den Tag.11 In dieser Population mit fortgeschrittenem/metastasiertem EC, die nach ≥1 platinbasierten Chemotherapielinie progredient geworden war, bedingte Dato-DXd eine ORR von 27,5% und eine mediane Ansprechdauer von 16,4 Monaten unabhängig vom Grad der TROP2-Expression. In ähnlicher Weise führte das TROP2-gerichtete ADC Sacituzumab-Tirumotecan im Phase-II-Setting bei vorbehandelten Patient:innen zu einer ORR von 34,1%.12 Es sind bereits Phase-III-Studien im Gange bzw. in Planung, um die Effektivität von Sacituzumab-Tirumotecan nach Chemo- und Immuntherapie zu bestätigen (NCT06132958, NCT05382268).
Zu bedenken ist im Zusammenhang mit der Verwendung von ADC der Sicherheitsaspekt, da es sich bei den «Payloads» um potente Chemotherapien handelt. Wir müssen lernen, mit der Toxizität dieser Wirkstoffe umzugehen. In TROPION-PanTumor03 erzwangen Nebenwirkungen der Dato-DXd-Therapie bei 25% der Patient:innen Dosisreduktionen und bei 35% Therapieabbrüche.11 Am häufigsten kam es zum Auftreten von Stomatitis, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Obstipation und Alopezie.
Fazit
Die Immuntherapie hat die Erstlinienbehandlung des fortgeschrittenen EC von Grund auf verändert. Bei früher Hochrisikoerkrankung weisen die Resultate der KEYNOTE-B21-Studie darauf hin, dass Pembrolizumab zusätzlich zur adjuvanten Chemotherapie eine neue Standardoption in der dMMR-Gruppe darstellt. Die Rolle der Chemotherapie in diesem Kollektiv wird in Zukunft zu diskutieren sein.
HER2- und TROP2-gerichtete ADC erzielten im fortgeschrittenen Stadium nach Vorbehandlung vielversprechende Signale. Phase-III-Ergebnisse werden erwartet. Nach wie vor gibt es zahlreiche unbeantwortete Fragen, speziell in Bezug auf Biomarker, die Sequenzierung verschiedener ADC und die Selektion zwischen Produkten mit ähnlichen Targets und «Payloads». Dennoch können wir uns glücklich schätzen, eine stetige Verbesserung der Outcomes unserer Patient:innen mit EC miterleben zu dürfen.
Literatur:
1 Miller DS et al.: J Clin Oncol 2020; 38(33): 3841-50 2Mirza MR et al.: N Engl J Med 2023; 388(23): 2145-58 3 Eskander RN et al.: N Engl J Med 2023; 388(23): 2159-70 4 Colombo N et al.: Lancet Oncol 2024; 25(9): 1135-46 5Westin SN et al.: J Clin Oncol 2024; 42(3): 283-99 6 Powell MA et al.: SGO 2024 7 Oaknin A et al.: Ann Oncol 2022; 33(9): 860-77 8 Leon-Castillo A et al: J Clin Oncol 2020; 38(29): 3388-97 9 Van Gorp T et al: Ann Oncol 2024; 35(11): 968-80 10 Meric-Bernstam F et al.: J Clin Oncol 2023; 41(suppl_17) 11 Oaknin A et al.: Ann Oncol 2024; 35(2): S547-8 12 Wang D et al.: ESMO 2024; Abstr. #715MO
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