Aktualisierte Leitlinie zum Management der Lupusnephritis
Bericht:
Dr. med. Felicitas Witte
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Patienten mit Lupusnephritis haben ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf ihres systemischen Lupus erythematodes (SLE) und eine erhöhte Mortalität. Ein Nierenversagen ist gemeinsam mit Infektionen, Krebs und kardiovaskulären Ereignissen eine der häufigsten Todesursachen dieser Patienten. Das Spektrum der Symptome reicht von unbemerkten Harnabnormalitäten bis zu schwersten Krankheitszeichen mit nephritischem Syndrom oder rasch fortschreitender Niereninsuffizienz. Ziel der Therapie ist es, chronischen Nierenschäden vorzubeugen, die Lebensqualität zu verbessern und das Überleben zu verlängern. Die aktualisierte Leitlinie der Oganisation KDIGO erklärt, wie man in der Praxis vorgeht und welchen Stellenwert Belimumab und Voclosporin nun haben.1
Im Januar 2024 wurde die Leitlinie der KDIGO zum Management der Lupusnephritis in einer aktualisierten Version publiziert.1 KDIGO steht für «Kidney Disease: Improving Global Outcomes», eine gemeinnützige Organisation, die weltweit die Behandlung von Patienten mit Nierenerkrankungen verbessern will. Die Vorgängerversion der Leitlinie stammt von 2021. Es war notwendig, sie zu überarbeiten, vor allem weil inzwischen mit Belimumab und Voclosporin zwei Immunsuppressiva zur Add-on-Therapie von der FDA und der EMA zugelassen wurden.
Patienten mit SLE sollten regelmässig und bei Verdacht auf einen Schub auf eine Nierenbeteiligung getestet werden. Ergeben sich Hinweise auf eine Proteinurie ≥500mg/24Stunden oder wird wiederholt eine verringerte GFR gemessen, sollte eine Nierenbiopsie in Betracht gezogen werden.
Jeder Patient mit SLE sollte – egal ob er eine Lupusnephritis hat oder nicht – mit Hydroxychloroquin behandelt werden. Um das Risiko für Komplikationen zu senken, die in Zusammenhang mit der Lupusnephritis oder ihrer Behandlung auftreten können, haben die KDIGO-Autoren diverse Massnahmen aufgelistet. Dazu gehört unter anderem, den Patienten anzuhalten, nicht zu rauchen, Übergewicht zu vermeiden, mässig Salz zu verzehren und Sport zu treiben. Der Blutdruck sollte optimal eingestellt und Fettstoffwechselstörungen sollten behandelt werden, der Patient sollte gegen HBV, Influenza und Pneumokokken geimpft und auf HBV, HCV und HIV gescreent werden und seine Knochendichte und sein Frakturrisiko sollten bestimmt und allenfalls behandelt werden.
Die Behandlung der Lupusnephritis richtet sich nach dem histologischen Befund, nach welchem eine Einteilung in Klassen erfolgt.
Patienten mit Lupusnephritis Klasse I oder II haben meist eine normale Nierenfunktion oder allenfalls nur eine geringgradige Proteinurie, die weit unter der nephrotischen Schwelle ist, und manchmal nur eine Mikrohämaturie. Diese Patienten benötigen keine spezifische immunsuppressive Therapie zusätzlich zu der, die sie gegen SLE sonst bekommen.
Lupusnephritis Klasse I oder II mit Proteinurie im nephrotischen Bereich oder mit nephrotischem Syndrom wird als Podozytopathie betrachtet. Klinik und histologische Veränderungen ähneln denen einer Minimal-Change-Glomerulonephritis oder einer fokal-segmentalen Glomerulosklerose. Diese Patienten sollten wie diejenigen mit Minimal-Change-Glomerulonephritis behandelt werden; das ist in der KDIGO-Leitlinie zu Glomerulopathien beschrieben.2
Neue Empfehlung zur Erstlinientherapie
Auch Patienten mit Lupusnephritis Klasse III/IV±V werden initial mit Glukokortikoiden therapiert, plus einem der folgenden Präparate:
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Mycophenolatsäure-Analoga,
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niedrig dosiertem intravenösem Cyclophosphamid,
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Belimumab plus entweder Mycophenolatsäure-Analoga oder niedrig dosiertem intravenösem Cyclophosphamid,
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Mycophenolatsäure-Analoga plus Calcineurin-Inhibitor (z.B. Voclosporin, Tacrolimus oder Ciclosporin), sofern die Nierenfunktion nicht stark eingeschränkt ist.
Diese Empfehlung zur Erstlinientherapie ist eine der wichtigsten Neuerungen in der überarbeiteten KDIGO-Leitlinie. Welche der vier Strategien ausgewählt wird, hängt zum einen von Patientenfaktoren ab – etwa ob Kinderwunsch besteht, welche immunsuppressive Therapie die Patienten vorher hatten etc. – und zum anderen von patientenunabhängigen Faktoren, etwa Kosten, Verfügbarkeit der Medikamente sowie Ausstattung.
In einem «idealen Gesundheitssystem», in dem Kosten und Zugang zu Medikamenten keine Rolle spielen – so heisst es in einer übersichtlichen Zusammenfassung der neuen Leitlinie von Rovin et al.3 –, sei es schwierig, gegen eine Triple-Therapie als Erstbehandlung zu argumentieren. Denn sie sei effektiver bei vergleichbarer Sicherheit. Manche Patienten benötigen keine Triple-Therapie, aber es ist bislang nicht möglich zu identifizieren, welche das sind.
In der Leitlinie sind Beispiele aufgeführt, wann welche Triple-Therapie in Erwägung gezogen werden könnte. Zum Beispiel würde sich für einen Patienten mit starker Proteinurie wegen Podozytenschaden eine Kombination mit einem Calcineurin-Inhibitor eignen, sofern er noch eine relativ gute Nierenfunktion mit einer GFR ≥45ml/min hat. Calcineurin-Inhibitoren sollen sich positiv auf Struktur und Funktion der Podozyten auswirken.4 Ein Patient mit einem hohen Risiko für Lupusnephritisschübe oder einem schon fortgeschrittenen Nierenschaden profitiert dagegen womöglich eher von Belimumab. Denn in der BLISS-LN-Studie hatten Patienten unter Belimumab weniger Schübe und ihre Nierenfunktion blieb länger erhalten als bei Patienten mit alleiniger Standardtherapie.5 In der Zusammenfassung von Rovin et al. sind in einer Tabelle Beispiele zusammengestellt, wann und warum eher der Calcineurin-Inhibitor Voclosporin als Ergänzung zu bevorzugen ist und wann und warum Belimumab.3
Obwohl Mycophenolatsäure-Analoga die Erhaltungstherapie der Wahl bleiben, lässt die neue Leitlinie Spielraum dafür, dass Patienten mit Triple-Therapie, die einen Calcineurin-Inhibitor oder Belimumab einschliesst, diese noch längere Zeit bekommen können.
Die Behandlungsempfehlung der reinen Klasse-V-Lupusnephritis basiert auf wenigen Daten. Voclosporin plus Standardbehandlung war effektiver als die Standardtherapie alleine, aber der Unterschied erreichte nicht ganz die statistische Signifikanz. Auch für Belimumab zusätzlich zur Standardtherapie gab es Hinweise auf eine tendenziell bessere Wirksamkeit. Die Leitlinie empfiehlt bei Patienten mit nephrotischem Syndrom neben Blutdruckkontrolle, RAAS-Blockern und Hydroxychloroquin eine kombinierte immunsuppressive Therapie aus Glukokortikoiden plus einem weiteren Präparat, etwa Mycophenolatsäure-Analoga, Calcineurin-Inhibitor, Rituximab oder Azathioprin. Bei Patienten mit mässiger Proteinurie richtet sich die immunsuppressive Therapie nach den extrarenalen Manifestationen des SLE.
Zurzeit werden einige neue Präparate gegen Lupusnephritis in Phase-II- und -III-Studien getestet. Sollten diese den Weg zur Marktzulassung schaffen, wird die KDIGO-Leitlinie sicherlich wieder eine Aktualisierung benötigen.
Literatur:
1 KDIGO 2024 Clinical practice guideline for the management of lupus nephritis. Kidney Int 2024; 105 (1S): S1-69 2 KDIGO 2021 Clinical practice guideline for the management of glomerular diseases. Kidney Int 2021; 100(4S): S1-276 3 Rovin BH et al.: Executive summary of the KDIGO 2024 clinical practice guideline for the management of lupus nephritis. Kidney Int 2024; 105(1): 31-4 4 Liao R et al.: Tacrolimus protects podocytes from injury in lupus nephritis partly by stabilizing the cytoskeleton and inhibiting podocyte apoptosis. PLoS One 2015; 10(7): e0132724 5 Rovin BH et al.: A secondary analysis of the Belimumab International Study in Lupus Nephritis trial examined effects of belimumab on kidney outcomes and preservation of kidney function in patients with lupus nephritis. Kidney Int 2022; 101(2): 403-13
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