
Von „Klassikern“ bis zu „Raritäten“: Einführung in die Radiofrequenztherapie
Autorin:
Priv.-Doz. Dr. Claudia Lill
Stv. Leiterin des Kopf-Hals-Institutes im
Evangelischen Krankenhaus
Wien
E-Mail: c.lill@ekhwien.at
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Radiofrequenztherapie ist mittlerweile bei HNO-Eingriffen vielfältig einsetzbar. Aufgrund des steilen Temperaturgradienten wird das umliegende Gewebe geschont und es treten keine Nekrosen auf. Da keine zusätzlichen Gefäße verödet werden müssen, stellt sich zudem ein verbessertes ästhetisches Ergebnis ein.
Keypoints
-
Die Radiofrequenztherapie wurde anfangs vor allem an schwer zugänglichen, aber gut durchbluteten Organen wie der Leber sowie bei Varizen oder auch chronischen Rückenschmerzen eingesetzt.
-
In der HNO-Heilkunde bieten sich gut durchblutete Gewebe wie die Nasenmuscheln oder die Tonsillen an, weitere Indikationen sind Gaumenstraffungen, Adenotomien, das Rhinophym und Keloide.
-
Wie vielfältig der Einsatzbereich mittlerweile ist, zeigen auch kosmetische Anwendungen bei Hautanhängseln, Hämangiomen, Altersflecken bis hin zur Therapie von Spidernävi.
Was bringt uns das Schneiden mit Strom? Wozu noch ein neues Gerät für den Operationssaal oder die Ordination anschaffen? Die Radiofrequenztherapie ist mannigfaltig einsetzbar und hat uns in vielen Fällen bereits das Leben erleichtert, indem durch einen steilen Temperaturgradienten das umliegende Gewebe geschont wird und nicht nekrotisiert, was auch in weiterer Folge zu einem verbesserten ästhetischen Ergebnis führt, da keine zusätzlichen Gefäße verödet werden müssen. Die Radiofrequenztherapie hat eine hohe Affinität zu Wassermolekülen, wodurch sich eine Anwendung in gut durchblutetem Gewebe anbietet oder aber bei Eingriffen an der Haut diese angefeuchtet werden muss.
Wofür kann die Radiofrequenz-therapie eingesetzt werden?
Schon frühzeitig fand die Radiofrequenztherapie vor allem bei schwer zugänglichen, aber gut durchbluteten Organen wie der Leber Anwendung – oder auch bei Varizen und chronischen Rückenschmerzen. In der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sind besonders gut durchblutete Organe wie die Nasenmuscheln oder Tonsillen perfekt mit der Radiofrequenztherapie zu behandeln. Auch Behandlungen am Gaumen, Indikationen wie Hämangiome und Rhinophyme oder sogar der Hautschnitt im Rahmen von Halsoperationen oder einer Blepharoplastik können fein mit der Radiofrequenztherapie-Nadel durchgeführt werden. Histologische Untersuchungen der Nasenmuschel nach einer Woche und sechs Wochen posttherapeutisch ergaben, dass es mit Radiofrequenztherapie zu keiner Nekrose des Gewebes kam, während eine Therapie mit dem Laser zu einer nekrotisierenden Sialometaplasie, einer Plattenepithelmetaplasie und einer Erweiterung der muzinösen Drüsen mit verstärkter Mucusproduktion führte (Somogyvari K et al. 2017). Dies zeigt die schonende Einwirkung auf das Gewebe, bei der – beispielsweise bei der Anwendung an den Nasenmuscheln – kein Gewebe reseziert werden muss, wodurch auch keine Narben an der Oberfläche entstehen, die die Funktion der Nase nachhaltig negativ beeinflussen würden. Durch eine lokale Entzündung, die posttherapeutisch entsteht, bildet sich eine längerfristige Vernarbung aus, die die gewünschte Volumenreduktion in der Nasenmuschel erzielt.
Nasenmuscheln
Nicht immer ist nur eine Septumdeviation an einer behinderten Nasenatmung schuld. Viele Patient:innen berichten, dass sie vor allem im Liegen eine ausgeprägte Beeinträchtigung der nasalen Atmung verspüren und es daher häufig zu chronischer Mundatmung, trockener Schleimhaut und rezidivierenden Halsschmerzen kommt. Gerade wenn abschwellende Naseneinlagen bei der HNO-ärztlichen Untersuchung eine sofortige Abhilfe verschaffen, kann eine Verkleinerung der Nasenmuscheln die richtige Wahl der Behandlung sein.
Für die sichere und nachhaltige Anwendung der Radiofrequenztherapie sind allerdings einige Faktoren essenziell. Zunächst dürfen niemals vor der Behandlung abschwellende Nasentropfen appliziert werden. Am besten sollten Patient:innen am Tag des Eingriffs keinerlei Abschwellung (topisch oder generalisiert) durchführen. Sollten noch andere Operationen den Eingriff begleiten – wie eine Septumplastik oder Nebenhöhlenoperation (FESS) –, muss mit der Radiofrequenztherapie der Nasenmuscheln begonnen werden, damit keinerlei Vasokonstringens auf die zu behandelnden Muscheln kommt. Dies ist deshalb so wichtig, weil die Radiofrequenztherapie nur funktioniert, wenn das Gewebe gut durchblutet ist. Bei Anwendung an abgeschwollener Schleimhaut kommt es nur zu Krustenbildung und zu keiner ausreichenden Vernarbung mit konsekutiver Verkleinerung des Muschelgewebes. Weiters sollen anfänglich nur drei bis vier Einstiche pro Nasenmuschel getätigt werden, um eine zu starke Verkleinerung zu verhindern (Abb. 1). Hierfür kann ein Stirnlicht oder aber auch ein Endoskop verwendet werden, womit dann auch die Behandlung der posterioren Anteile der Nasenmuscheln möglich wird. Postoperativ kommt es mitunter zu Verkrustungen, die nach ca. zwei Wochen abgesaugt werden. Der gesamte Vernarbungsprozess dauert zwei Monate. Der Eingriff kann sowohl in Allgemeinnarkose als auch in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Falls die Radiofrequenztherapie zum Beispiel in der Ordination in Lokalanästhesie geplant wird, darf kein zusätzlicher Vasokonstriktor appliziert werden.
Tonsillen
Bei der Mandeloperation kann sowohl eine interstitielle (bipolar) als auch eine schneidende Radiofrequenztherapie (monopolar mit Neutralsonde) zur Anwendung kommen. Besonders bei der Indikation zur Tonsillotomie bietet sich die schneidende Technik an, die wie die gewohnte monopolare Hochfrequenznadel verwendet werden kann. Es kommt beim Einsatz der Radiofrequenztherapie zu geringeren Nachblutungen als bei der Hochfrequenztherapie. Auch interstitiell kann die Radiofrequenztherapie angewandt werden, hier empfiehlt sich zur Sicherheit eine prätherapeutische Histologie, denn bei dieser Methode wird keine feingewebliche Untersuchung möglich sein, da nur eine Schrumpfung des Gewebes bei der Tonsillenhypertrophie erzielt wird. Da es postoperativ zu einer Schwellung kommen kann, sollten Patient:innen observiert werden oder zumindest eine Notfallnummer des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin erhalten.
Gaumenstraffung/Schnarchchirurgie
Bei tiefstehendem Gaumenbogen und Status post Tonsillektomie oder kleinen Tonsillen bietet sich eine Straffung des Gaumensegels mittels Radiofrequenztherapie an. Indiziert ist dies bei Rhonchopathie oder geringgradigem Schlafapnoesyndrom, wobei natürlich auch hier eine Polygrafie und eine Schlafendoskopie dem Procedere vorauszugehen haben.
Bei einem mittelgradigen obstruktiven Schlafapnoesyndrom (OSAS) müsste zusätzlich zu einer interstitiellen Therapie am Weichgaumen eine schneidende Methode hinzugefügt werden – wie eine Uvulakürzung oder Behandlung des hinteren Gaumensegels (Webbing). Wie bei allen anderen Eingriffen, die den Gaumenbogen straffen, kann es auch hier zu Artikulationsstörungen kommen, wobei insbesondere auf das rollende „R“ hingewiesen werden sollte. Weitere Komplikationen, die auftreten können, sind Ulzera am Weichgaumen, die hin und wieder auch einer antibiotischen Therapie bedürfen (Abb. 2). Der Eingriff ist weit weniger schmerzhaft als eine Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP), kann aber bei solchen Ulzerationen auch eine längerfristige Schmerztherapie nötig machen. Da es sich auch in diesem Falle um eine interstitielle Anwendung handelt, dauern die Narbenbildung und somit die vollständige Abheilung zumindest zwei Monate. Dies ist unbedingt abzuwarten, sollte das Ergebnis nach der Erstbehandlung nicht zufriedenstellend sein, bevor ein weiterer operativer Schritt geplant wird.
Adenotomie
Bislang eher zu denRaritäten zählt die Adenotomie mit der Radiofrequenztherapie-Nadel. Dazu wird die bipolare Nadel in das Adenoidenpolster an mehreren Stellen eingebracht, nach etwa 14 Tagen ist ein kompletter Rückgang ersichtlich. Auch hier empfiehlt sich vorab eine Probenentnahme zur Histologiebestimmung.
Die Adenotomie mit der Radiofrequenztherapie stellt eine Alternative zur klassischen Adenotomie oder zu jener mit Coblation dar und die Indikation ist zumindest dann gegeben, wenn eine moderate bis schwere Blutungsneigung besteht oder eine Adenotomie mit klassischen Instrumenten nicht durchführbar erscheint.
Keloide
Auch wenn Keloide vergleichsweise selten auftreten, sind sie besonders im Kopf-Hals-Bereich kosmetisch meist störend und zeitgleich mitunter nicht einfach und nachhaltig behandelbar. Lokale Abtragungen, intraläsionale Kortisoninjektionen und plastische Korrekturen prägen häufig den Leidensweg der Patient:innen. Hier empfiehlt es sich, die Radiofrequenztherapie interstitiell anzuwenden und posttherapeutisch eine intraläsionale Kortisoninjektion zu setzen. Je nach Konsistenz des Keloids ist die Behandlung bereits nach dem ersten Mal erfolgreich oder es sind gegebenenfalls auch mehrere Therapiesitzungen notwendig (Abb.3).
Rhinophym
Durchaus eine Rarität stellt das Rhinophym dar. Es handelt sich dabei um eine entzündliche, medizinisch harmlose, aber kosmetisch beeinträchtigende Hauterkrankung, die zu Anfang mit Metronidazolcremes behandelt wird. Schlussendlich kann bei Versagen der konservativen Maßnahmen eine Abtragung mit der monopolaren Schlinge durchgeführt werden, wobei darauf zu achten ist, weder den Flügel- noch den Dreiecksknorpel zu verletzen, da es sonst zu narbigen Einziehungen oder Stenosen kommen kann.
Weitere Einsatzgebiete
Wie vielfältig die Anwendungen der Radiofrequenztherapie sind, zeigen auch zahlreiche kosmetische Einsatzgebiete von der Entfernung von Hautanhängseln, Hämangiomen und Altersflecken bis hin zur Behandlung von Spidernävi im Gesichtsbereich. Einige Geräte haben auch die Möglichkeit kosmetischer Gesichtsstraffung, die durch die Radiofrequenz eine Kollagenneubildung anregt und damit zur Faltenglättung ohne Fremdmaterial führt.
Literatur:
bei der Verfasserin
Das könnte Sie auch interessieren:
10 Jahre Stapesplastik: eine Dekade Erfahrung an unserer Schwerpunktklinik
Der Begriff Otosklerose bezeichnet eine pathologische Umwandlung im Bereich der Stapesfußplatte der Cochlea. Die dadurch bedingteprogrediente Hörminderung spricht limitiert auf ...
Erste Erfahrungswerte mit der atmungsgesteuerten Hypoglossusnervstimulation
In Österreich wurde 2015 der erste Zungenschrittmacher zur Therapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms an der Universitätsklinik Innsbruck implantiert. Mittlerweile wird die ...
Erste Erfahrungen mit dem OTODRIVE-System: ein Einblick in die Praxis
Am Universitätsklinikum St. Pölten wurde das OTODRIVE-System als innovative Ergänzung in der Cochlea-Implantat-Chirurgie eingeführt. Diese Technologie ermöglicht eine präzisere, ...