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Fokusthema alkoholassoziierte Hepatitis

10. Hans Popper Lecture an der Medizinischen Universität Wien

Die international renommierte Hans Popper Lecture fand Mitte September 2024 an der Medizinischen Universität Wien zum 10. Mal statt. Dazu wurden begleitende zweitägige Forschungsseminare abgehalten. Die diesjährige Auszeichnung ging dabei an Prof. Dr. Ramon Bataller, Barcelona, der als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der alkoholassoziierten Hepatitis über aktuelle Trends und neue Therapieansätze in seinem Fachgebiet referierte.

Keypoints

  • Die 10. Hans Popper Lecture 2024 stand im Zeichen der alkoholassoziierten Hepatitis, eines klinisch und gesellschaftlich hochrelevanten Themas. Prof. Dr. Ramon Bataller von der Hospital Clinic in Barcelona wurde im Rahmen der Veranstaltung für seine wegweisende Arbeit auf diesem Gebiet ausgezeichnet.

  • Während die alkoholassoziierte Hepatitis weiterhin eine der schwerwiegendsten Komplikationen darstellt, zeigen aktuelle Forschungsergebnisse zu neuen Therapieansätzen und einer individualisierten Patient:innenbetreuung vielversprechende Resultate.

  • Darüber hinaus wurde im Rahmen der diesjährigen Hans Popper Lecture das Wirken von Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Peter Ferenci geehrt, der jahrzentelang als Professor an der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie tätig war und als einer der wichtigsten Wegbereiter der Hepatologie gilt.

Hans Popper (1903–1988) gilt als einer der bedeutendsten Pioniere der modernen Hepatologie und schaffte es im Sinne der translationalen Wissenschaft, Grundlagen- und klinische Forschung zu verknüpfen. Nach Abschluss seines Medizinstudiums begann Popper seine wissenschaftliche Laufbahn in Wien unter namhaften Forschern und Ärzten wie Otto von Fürth (physiologische Chemie), Rudolf Maresch (Pathologie) und Hans Eppinger (1. Medizinische Universitätsklinik). Nachdem er 1938 gezwungen worden war, Österreich zu verlassen, setzte er seine Arbeit in den USA fort. Dort begründete Hans Popper die Mount Sinai School of Medicine in New York und prägte als langjähriger Leiter der Pathologie, Gründungsdekan und Präsident die medizinische Fakultät entscheidend.

Hans Popper hat das Fachgebiet der Hepatologie durch seine wegweisenden wissenschaftlichen Errungenschaften maßgeblich vorangebracht. Zahlreiche seiner Konzepte und Entdeckungen, wie die Erforschung der Cholestase, die Rolle der Stellatzellen bei der Entwicklung von Lebererkrankungen und die Klassifikation der chronischen Hepatitis, zählen zu den Meilensteinen der hepatologischen Forschung. Darüber hinaus war Hans Popper Mitbegründer derAmerican Association for the Study of Liver Diseases (AASLD) und der International Association for the Study of the Liver (IASL) und spielte eine entscheidende Rolle bei der Etablierung des weiterhin führenden Fachjournals Hepatology.

Als Hommage an das Werk Hans Poppers wurde 2011 gemeinsam mit der Eröffnung des „Hans Popper Labors für Molekulare Hepatologie“ an der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III,Medizinische Universität Wien, die Hans Popper Lecture durch Univ.-Prof. Dr. Michael Trauner ins Leben gerufen. Seit der Gründung wird im Hans Popper Labor translational orientierte Forschung im Sinne von Hans Popper betrieben, was in den letzten Jahren zu bedeutenden neuen Erkenntnissen über die Pathogenese und Behandlung cholestatischer und metabolischer Lebererkrankungen sowie der Fibrose geführt hat.

Auch die Hans Popper Lectures wurden seither – bis auf eine Unterbrechung als Folge der Covid-19-Pandemie – jährlich fortgeführt und dienen nicht nur der Fortbildung, sondern auch der Ehrung international anerkannter Wissenschafter:innen auf dem Gebiet der translationalen Hepatologie (Tab. 1). So fand auch am 18. September 2024 im Jugendstilhörsaal der Medizinischen Universität Wien die 10. Hans Popper Lecture statt, welche von basiswissenschaftlichen und translationalen Vorträgen durch Forscher:innen der Medizinischen Universität Wien begleitet wurde.

Tab. 1: Bisherige Vortragende und Themen der Hans Popper Lectures von 2011 bis 2024

Hans Popper Lecture mit Prof. Dr. Ramon Bataller

Dieses Jahr beleuchtete Prof. Dr. Ramon Bataller (Abb. 1), Leiter der Hepatologie an der Hospital Clinic in Barcelona, die alkoholbedingte Hepatitis und legte dabei besonderes Augenmerk auf die Pathophysiologie, die Risikostratifizierung und neue Therapiemöglichkeiten.

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Abb. 1: Univ.-Prof. Dr. Trauner und Prof. Dr. Bataller bei der Überreichung der Auszeichnung

Prof. Bataller griff mit seinem Vortrag ein Thema von nicht nur großem wissenschaftlichem und klinischem Interesse, sondern auch von hoher gesellschaftlicher Relevanz auf. Alkoholbedingte Lebererkrankungen und die daraus resultierende Leberzirrhose stellen weltweit eine der häufigsten Ursachen für leberbedingte Mortalität und Morbidität dar. Die Rolle von übermäßigem Alkoholkonsum in Österreich wurde erst rezent im „Handbuch Alkohol Österreich“ des Gesundheitsministeriums genauer beleuchtet, wobei sich eine gefährliche Tendenz zeigte: In Österreich werden pro Person ab dem 15. Lebensjahr durchschnittlich 11,9 Liter (reiner) Alkohol pro Jahr bzw. 25,7 Gramm Alkohol pro Tag (20 Gramm entsprechen 0,5 Litern Bier) konsumiert. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur die Ausmaße des Alkoholkonsums als weiterhin bedeutendes Problem, sondern unterstreichen auch die Wichtigkeit der Forschung in diesem Bereich.

Trotz erheblicher Fortschritte in der Erforschung alkoholbedingter Lebererkrankungen bleibt die Behandlung dieser Erkrankungen eine klinische Herausforderung und in besonders fortgeschrittenen Erkrankungsstadien ist die Lebertransplantation oft die einzige Therapiemöglichkeit. Das akute Stadium der Erkrankung, die alkoholassoziierte Hepatitis, stellt eine der schwerwiegendsten Komplikationen dar und geht mit einer besonders hohen Sterblichkeit einher. Therapeutisch werden derzeit primär Glukokortikoide eingesetzt, welche zwar das Kurzzeitüberleben verbessern können, jedoch keine Auswirkungen auf die langfristige Prognose der Erkrankung aufweisen.

Neue Forschungsansätze zu alkoholassoziierter Hepatitis

Um das Überleben, besonders im akuten Stadium, zu verlängern, liefern neue Forschungsergebnisse nun innovative Ansätze mit besonderem Fokus auf eine frühzeitige Diagnose, eine adäquate Risikostratifizierung und neue Behandlungsmöglichkeiten.Ein erster wichtiger Schritt, dies betont auch Prof. Bataller, ist beispielsweise die Evaluierung des Therapieansprechens auf Glukokortikoide nach nur 4 Tagen anstelle der gängigen 7 Tage, um eine frühzeitige Risikostratifizierung zu ermöglichen. Zusätzlich zeigten in klinischen Studien auch weitere Biomarker, wie Keratin-18-Fragmente, zirkulierende extrazelluläre Vesikel und Mikro-RNAs, großes Potenzial zur Bestimmung des Schweregrads sowie des Therapieansprechens. Vor allem bei Nichtansprechen sei in diesem Kontext auch die Rolle einer frühzeitigen Lebertransplantation erwähnt. Während traditionell eine langanhaltende Alkoholabstinenz als Voraussetzung für die Lebertransplantation galt, zeigen neue Studien, dass gewisse Patient:innen durch eine frühzeitige Transplantation einen signifikanten Überlebensvorteil und exzellente Langzeitergebnisse erzielen können. Dennoch bleibt die Evaluierung des Risikos eines Alkoholrückfalls nach der Transplantation eine Herausforderung, welche einer multidisziplinären Zusammenarbeit und fundierten Selektion geeigneter Kandidat:innen bedarf.

Auch abseits der Lebertransplantation zeigen neuere Studien vielversprechende therapeutische Ansätze. So konnte beispielsweise eine Verbesserung der Prognose durch die Therapie des veränderten Mikrobioms, welches als Bestandteil der Darm-Leber-Achse einen essenziellen pathophysiologischen Mechanismus darstellt, mittels Stuhltransplantation nachgewiesen werden. Darüber hinaus zeigte auch der gezielte Einsatz von Biologika, Small Molecules und Granulozyten-Kolonie-stimulierendem Faktor (G-CSF) vielversprechende Ergebnisse.

Auszeichnung für Prof. Dr. Bataller

Prof.Dr.Ramon Bataller absolvierte sein Medizinstudium an der Universität von Valencia und schloss sowohl ein Fellowship im Fachbereich der Hepatologie als auch sein PhD-Studium an der Universität von Barcelona ab. Nach einem Forschungsaufenthalt in Chapel Hill in den USA begann er 2003 an der Hospital Clinic in Barcelona zu arbeiten, wo er sich klinisch und wissenschaftlich auf alkoholbedingte Lebererkrankungen fokussierte.

Die letzten zehn Jahre verbrachte Prof. Bataller in den USA, wo er als Chefarzt der Hepatologie an der Universität von Pittsburgh tätig war. Hier leitete Prof. Bataller das internationale InTeam-Konsortium zur Erforschung der alkoholassoziierten Hepatitis und trug maßgeblich zum Aufbau eines multidisziplinären Teams zur Behandlung von Patient:innen mit alkoholbedingter Lebererkrankung bei. Vor zwei Jahren kehrte er nach Barcelona zurück, wo er derzeit als Leiter der Hepatologie tätig ist. Seine wichtigsten Beiträge zur Erforschung der alkoholbedingten Lebererkrankung und der alkoholassoziierten Hepatitis umfassen die Ermittlung der Faktoren, welche die Prognose der Erkrankung bestimmen, eine histologische Klassifizierung der Erkrankung und neue therapeutische Ziele – stets fokussiert auf die translationalen Aspekte der Wissenschaft und die Verbesserung der Behandlung der Patient:innen im Sinne des Grundgedanken von Hans Popper. Die Rolle der Arbeit Prof. Batallers als Koryphäe der Hepatologie spiegelt sich dabei nicht nur in multiplen Auszeichnungen und Stipendien wider, sondern zeigt sich auch anhand der Vielzahl an verfassten Publikationen und Buchkapiteln und dem Mitwirken in den renommiertesten internationalen Gesellschaften.

Posthume Ehrung für Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Ferenci

Im Rahmen der diesjährigen Hans Popper Lecture wurde darüber hinaus das Wirken von Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Peter Ferenci (1948–2023) geehrt. Prof. Ferenci war jahrzehntelang Professor an der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Medizinischen Universität Wien und als passionierter Forscher und Wegbereiter der Hepatologie mit Weltruf auf den Gebieten der Virushepatitis, der hepatischen Enzephalopathie und des Morbus Wilson tätig. Bereits zu Lebzeiten erhielt er zahlreiche Ehrungen für sein Werk. Um seinen internationalen Beitrag und seinen Einfluss auf den Fortschritt an der Medizinischen Universität Wien zu würdigen, wurde nun eine Plakette an der Tür jenes Ambulanzzimmers angebracht, in dem Prof. Ferenci bis zuletzt passioniert seiner ärztlichen und wissenschaftlichen Tätigkeit nachging (Abb. 2).

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Abb. 2: Anbringen der Plakette zu Ehren von Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Ferenci (v.l.): Prof. Dr. Ramon Bataller, Ao.Univ.-Prof. Dr. Petra Munda, Univ.-Prof. Dr. Michael Trauner

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